Von Doris Drechsler-Schuß
Die Behandlung der Dystonie ist im physiotherapeutischen Arbeitsfeld leider immer noch ein Stiefkind. Es gibt einige therapeutische Ansätze und Techniken zur Behandlung der Dystonie deren Wirksamkeit meist nur aus klinischer Erfahrung resultiert und nicht Ergebnis einer Studie ist. Dystone Bewegungsstörungen sind sich in ihrer Grundstruktur mit den betroffenen Muskelgruppen sehr ähnlich, dennoch ist die Verteilung der dystonen Muskeln unterschiedlich stark, was dazu führt dass es keine allgemein gültige Physiotherapie gibt. Die Behandlung muss individuell auf den Patienten abgestimmt werden.
Die Behandlungsmethode Nummer 1 der Dystonie ist das Botulinumtoxin. Physiotherapie kann begleitend zu den Injektionen verordnet werden, aber auch als alleinige Therapieform, wenn der Patient Antikörper gegen Botulinumtoxin entwickelt hat oder aus persönlichen Gründen die Injektionen ablehnt.
Die meisten physiotherapeutischen Behandlungsansätze sind, gleich wie Botulinumtoxin, symptomatisch. Sie behandeln die Auswirkungen der Dystonie auf die Muskulatur nicht jedoch die Bewegungsstörung an sich. Dennoch sind sie ein wichtiger Faktor um den Muskel auf ein motorisches Training vorzubereiten. Einen längerfristigen Effekt haben diese Methoden aber nur dann, wenn sie mit einem geeigneten Bewegungstraining kombiniert werden.
Die physiotherapeutische Behandlung ist eine sehr zeitintensive Therapie und erfordert ein hohes Maß an Motivation von den Patienten. Ein Mal in der Woche zum Physiotherapeuten zu gehen wird nicht ausreichen um ein Bewegungsmuster zu verändern. Konsequentes Üben zu Hause bringt den Erfolg – der Therapeut ist alleinig der „Trainer“, der Bewegungen analysiert, die betroffenen Strukturen immer wieder professionell behandelt und neue Bewegungsaufträge gibt. Die eigentliche „Arbeit“ wird vom Patienten zu Hause geleistet.
Grenzen sind der physiotherapeutischen Behandlung bei sehr stark betroffenen Patienten und bei generalisierter Dystonie gesetzt. Hier verhilft die Physiotherapie und das Üben zu Hause oft nur zu einer leichten Linderung der übermäßig starken Muskelzüge und Schmerzen.
Die repetitiven Kontraktionen der dystonen Muskeln führen zu Verkürzungen der Muskelfasern. Diese verkürzten Muskeln führen zu Fehlhaltungen die wiederum das dystone Bewegungsmuster begünstigen können. Bewegungseinschränkungen und veränderte Gelenksstellungen müssen behandelt werden um Sekundärschäden zu vermeiden. Ein gutes Dehnprogramm für zu Hause ist dabei unerlässlich. Die Durchführung des Dehnens soll langsam und in lang gehaltenen Positionen (mind. 1-2 Minuten) erfolgen. Wenn die Muskulatur stark dagegen arbeitet, muss der Muskelzug immer wieder zulassen und die Dehnung von neuem begonnen werden. Die Dehnung darf auf keinen Fall zu stark erfolgen oder gar brennen, dann droht die Gefahr von feinen Muskelfaserrissen.
Triggerpunkte sind kleine Verhärtungen oder Verklebungen von Muskelfasern, die im umliegenden Gebiet Schmerzen verursachen und zu Bewegungseinschränkungen führen können. Diese Punkte werden vom Therapeuten gezielt in der Muskulatur gesucht und durch punktuellen Druck behandelt. Die Behandlung ist etwas unangenehm, jedoch sehr effektiv. Im Gegensatz zur Massage, die eine Dystonie sogar verstärken kann, werden nur speziell die Muskeln behandelt die verspannt und verkürzt sind.
Biofeedback zur Behandlung der cervicaler Dystonie bzw. bei Musiker- und Schreibkrampf zeigt in Studien eine hohe Wirksamkeit. Mit Hilfe von Oberflächenelektroden und einem speziellen Computerprogramm kann die erhöhte Muskelspannung für den Patienten sichtbar gemacht werden. Dies soll helfen die Muskelspannung willentlich zu beeinflussen.
Das visuelle Feedback ist eines der neuesten Ansatzpunkte zur Behandlung der cervicalen Dystonie. Es besteht aus einem Punkt- und einem Lotlaser der mit Hilfe eines Stirnbandes zwischen den Augen positioniert wird. Durch die ständigen Muskelzüge bei der cervicalen Dystonie geht das Gefühl für die eigene Kopfposition verloren und die Augen-Kopf-Koordination verändert sich. Dies soll mit dem visuellen Feedback geübt und verändert werden.
Durch einen gezielten Trainingsaufbau sollen folgende Ziele erreicht werden:
Das visuelle Feedback ist der gezielte Ansatz von motorischem Lernen in der Behandlung der dystonen Bewegungsstörung. Um das Üben mit dem Laser effizient zu gestalten sind einige Punkte des motorischen Lernens zu beachten.
Die physiotherapeutische Behandlung der dystonen Bewegungsstörungen ist eine interessante und spannende Arbeit, die sowohl vom Therapeuten wie auch vom Patienten ein hohes Maß an Geduld für die konsequente Behandlung erfordert.
Innsbruck 2009